Baukunst in den Bayerischen Staatsbädern

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Großzügige Badehäuser, weitläufige Trink- und Wandelhallen, opulente Kurhäuser: Um den Gästen eine adäquate Umgebung für Wohlbefinden und gesellschaftliche Zusammentreffen bieten zu können, ging man in den Bayerischen Staatsbädern in die Vollen. Fürsten, Könige und ein Prinzregent schickten die besten Bauherren ihrer Zeit nach Bad Steben, Bad Bocklet, Bad Brückenau, Bad Kissingen und Bad Reichenhall. Sie verwandelten mit ihrer Baukunst kleine Kurorte in mondäne Weltbäder.

Bad Bocklet: Von der Sommerfrische zum Hofbad

Als eines der ersten bayerischen Heilbäder setzte das unterfränkische Bad Bocklet bereits Mitte des 18. Jahrhundert prachtvolle Maßstäbe: Unter den Würzburger Fürstbischöfen wurde bis 1766 im romantischen Tal der Fränkischen Saale der Fürstenbau gebaut. Seine herrschaftlichen Walmdächer, pastellblauen Fensterläden und weiß-gelben Fassaden zogen Domherren, Prälate und Beamte des Hofes an, zunächst nur zur Sommerfrische. Erst als 1787 gegenüber der frühklassizistische, tempelähnliche Brunnenbau entstand, entworfen vom Hofarchitekten Johann Philipp Geigel, änderte sich das Renommee des Orts: Bad Bocklet wurde zum Hofbad.

Fortan stand die stark eisenhaltige Balthasar-Neumann-Quelle im Fokus, die Geigel in den Brunnenbau integrierte. Teile der Anlage mit ihren lichten Säulenreihen wurden erst in den vergangenen Jahren erneut saniert. In einem modernisierten Seitentrakt lassen sich jetzt wie einst heilsame Anwendungen buchen. Wie damals dagegen wirkt der Saalbau mit dem Lesesaal: Die authentische Einrichtung versetzt einen augenblicklich zurück in die Biedermeierzeit. Um ganz in das historische Ambiente einzutauchen, übernachtet man am besten mittendrin: In den vornehmen Gebäuden rund um den kleinen, rautenförmigen Kurgarten lässt es sich in hübschen Zimmern logieren.

 

Bad Brückenau: Noble Baukunst für die Ewigkeit

Auch die Bausubstanz im Staatsbad Bad Brückenau ist wunderbar erhalten. Nachdem der Fuldaer Fürstabt Amand von Buseck hier 1747 drei Quellen fassen ließ, wurden bis 1749 die ersten Kurgebäude errichtet: drei barocke, pavillonartige Kurhäuser auf zwei Etagen an einer prächtigen Lindenallee. An deren Enden: ein säulenbestandener Kuppelbau über einer Stahlquelle und auf der terrassierten Anhöhe gegenüber der schlossartige Fürstenhof von 1775. Vorlage dafür war das Lustschloss Marly-le-Roi des französischen „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. 1779 folgte das erste Badehaus und der Kurort entwickelte sich hervorragend  – bis die französischen Revolutionskriege zwischen 1792 und 1807 den Betrieb fast zum Erliegen brachten.

1816 ging Bad Brückenau in den Besitz des bayerischen Königshauses über. Es war der Beginn eines märchenhaften Aufstiegs: Der spätere König Ludwig I. verliebte sich bei seinem ersten Besuch 1818 in den Ort und ließ das Staatsbad zum architektonischen Highlight ausbauen. 1819 etwa schon war mit dem Bellevue ein klassizistisches Gästehaus für den Kronprinzen fertig, die Pläne stammen vom Baubeamten Bernhard Morell. Es erinnert an die Toskana – und beherbergt jetzt ein feines, italienisches Ristorante.

 

Zwischen Klassizismus und Jugendstil

Auch Leo von Klenze durfte in Bad Brückenau bauen: Der königliche Privatarchitekt, der in München unter anderem die Alte Pinakothek und die Residenz gestaltete, ersetzte das bisherige Badhaus. Von 1823 an schmückte den Ort ein dreigeschossiger, palastartiger Bau mit mittigem Giebel, in dem inzwischen ein Hotel untergebracht ist. Hofbauconducteur Johann Gottfried Gutensohn hatte die Idee zum klassizistische Kursaalgebäude von 1833 – wie eh und je der perfekte Rahmen für Bälle, Konzerte, Aufführungen: Im Inneren faszinieren Deckenmalereien im Stil der italienischen Renaissance, draußen flaniert man unter unzähligen Arkaden. Ein Standbild des bayerischen Königs, der den Ort so prägte, steht direkt davor.

Der Jugendstil kam mit Max Littmann in den Ort: Der Architekt, der in München schon das Hofbräuhaus entworfen und den Theaterbau reformiert hatte, plante das 1901 eröffnete Parkhotel mit seinen Walmdächern und Balkonen auf drei Geschossen. Auch die Bauwerke von Eugen Drollinger sind im Jugendstil gehalten. Die Wandelhalle etwa erweiterte der Münchner Hofbaurat um eine 1911 fertiggestellte elegante Eisenkonstruktion und einen achteckigen Quellentempel. Dessen glockenförmige Kuppel wird von acht anmutigen Säulenpaaren getragen.

Bad Steben: Tradition trifft Moderne

Der Kurbetrieb im rund 200 Kilometer östlich gelegenen, oberfränkischen Bad Steben startete im Kleinen um das Jahr 1780, richtig los ging es aber erst 1832. Auch hier war der bayerische König Ludwig I. Initiator und Innovator: Er engagierte wie schon für Bad Brückenau seinen Privatarchitekten Leo von Klenze. 1837 wurde etwa dessen pastellgelbes Badehaus (heute: Klenzebau) eröffnet, anmutig wie ein griechischer Tempel.

Zwei weitere Repräsentationsbauten gehen auf die Initiative des Prinzregenten Luitpold von Bayern zurück: Die säulenbestandene Wandelhalle von 1910 wird von opulenten Blütenbeeten gesäumt. Ein paar Schritte weiter entstand 1911 das Kurhaus, in zurückhaltendem Barock ersonnen von Oberbaurat Gustav Freiherr von Schacky. Hier – und im lichtdurchfluteten Foyer des Klenzebaus – hat das Grafikmuseum Stiftung Schreiner seine Heimat. Schwerpunkt der Sammlung sind osteuropäische Druckgrafiken und Kunst der einst nahen DDR. Einen interessanten Kontrast dazu bildet die moderne, kubistische Architektur der Therme, die unter anderem ein umfangreiches Medical-Wellness-Angebot mit Mineralbädern- und Packungen, Kur-Arrangements und Präventionsmaßnahmen im Programm hat.

 

Bad Kissingen: Historische Bauten voller Strahlkraft

Ein weiteres Mal sorgte König Ludwig I. für herrschaftliches Flair, denn auch ins unterfränkische Bad Kissingen, das seit Sommer 2021 zum UNESCO-Welterbe zählt, schickte der royale Baukunst-Fan einen seiner besten Männer: Baurat Friedrich von Gärtner, der in München unter anderem das Uni-Gebäude und die Feldherrnhalle konzipierte. 1838 war Gärtners dreiflügeliger Arkadenbau aus gelbem Sandstein fertig. Stolze 46 Rundbögen öffnen sich seitdem auf einer Breite von etwa 200 Metern zum Kurgarten hin. Im Inneren mit byzantinischen Wandbildern und farbiger Kassettendecke: der prächtig ausgestattete Rossini-Saal, in dem Konzerte, Vorträge, Tagungen und Feste stattfinden.

Auch durch weitere Bauten Friedrich von Gärtners, darunter die Brunnenhalle von 1842, wurde der Kurort so bliebt, dass die Infrastruktur um die Jahrhundertwende herum nicht mehr ausreichte. Prinzregent Luitpold von Bayern engagierte deshalb Max Littmann, der zuvor auch in Bad Brückenau tätig war. Schon seine lange, lichte Wandelhalle, die er an die Brunnenhalle angliederte, ist eine Wucht: Sie wurde 1911 auf 90 Metern Länge wie eine dreischiffige Basilika gestaltet und ist damit die größte Trinkkurhalle Europas. Noch imposanter ist nur der neobarocke Regentenbau von 1913 voller imposanter Säle zwischen Rokoko und Jugendstil. Zudem ist der nach dem Architekten benannte Max-Littmann-Saal ein akustisches Raumwunder: Gesäumt von einer U-förmigen Empore und mit Kirschbaumholz vertäfelt, gehört er zu den besten Konzertsälen der Welt.

 

Bad Reichenhall: Alpenländische Bäderbauten

Etwas später als in den fränkischen Staatsbädern startete der Betrieb in Bad Reichenhall ganz im Süden Bayerns. Auslöser war ein verheerender Stadtbrand 1834. Fast der komplette Ort, der schon im Mittelalter von der Salz- und Solegewinnung lebte, ging in Flammen auf. Was verschont geblieben ist, lässt sich etwa im Florianiviertel erkunden: altbayerische Häuser mit Giebeln, vorspringenden Dächern und alpenländischen Malereien auf pastellfarbenen Fassaden. Damals gingen hier Küfer, Kupferschmiede und Färber ihrer Arbeit nach, jetzt beleben Künstler, Kunsthandwerker und Blumenbinder die engen Gassen.

Doch trotz des Schreckens profitierte der Ort von der Katastrophe, denn der Wiederaufbau ermöglichte ganz neue Perspektiven. So eröffnete 1846 mit der Sole- und Molkekuranstalt Bad Achselmannstein (später internationaler „Axelmannstein“) der erste Kurbetrieb. Auf den Weg zum berühmten Heilbad machte sich die Salinenstadt zwei Jahre später: 1848 logierte der frisch gekrönte bayerische König Maximilian II. fünf Wochen im Achselmannstein, das später mehrmals erweitert wurde. 1911 wurde der Bau unter Berücksichtigung der alten Strukturen komplett neu errichtet und ist heute ein Hotel.

Um die Jahrhundertwende konkurrierte das „bayerische Meran“ bereits mit den großen mitteleuropäischen Kurorten: In Bad Reichenhall entstand alles, was ein Weltbad ausmachte, vom Kurpark bis Konzertrotunde, von Wandelhalle bis Kurhaus. Dieser neobarocke Prachtbau ist seit 1900 Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens, denn Max Littmann errichtete, wie zuvor in Bad Brückenau und Bad Kissingen, hier einen architektonischen Traum: Eine freistehende Treppe führt zu prunkvollen Festsälen voller Seidentapeten, Marmor, Stuck, Deckengemälden und Kronleuchter. Noch heute verströmt das Kurhaus das perfekte Ambiente für Kongresse, Konzerte oder Märkte.

Mondäne Vermächtnisse 

Etwas abseits des Kurgeschehens, aber baugeschichtlich nicht weniger interessant, liegt die backsteinerne Alte Saline von 1837 mit dem Salzmuseum. Unter diesem eindrucksvoll schlichten Industrie-Denkmal fördert eine Pumpe immer noch aus vielen verzweigte Stollen heilsame AlpenSole. Sie wird unter anderem ins 1912 errichtete Gradierhaus im Kurpark geleitet: Das größte Freiluftinhalatorium der Welt verdampft die fein vernebelte AlpenSole über eine Wand aus Dornen. Das sieht nicht nur imposant aus, sondern ist auch gesund, denn das bloße Einatmen genügt, um etwa die oberen Atemwege zu reinigen.

So wie mit dem Gradierhaus ist es mit vielen stolzen Kurbauten: Sie machen vordergründig Eindruck, stehen aber genau betrachtet im Zeichen von Entspannung, Heilung, Gesundheit und Prävention. Deshalb wird die baugeschichtliche Vergangenheit natürlich in allen fünf bayerischen Staatsbädern geschätzt und gepflegt; der Fokus liegt aber dennoch auf dem Ursprung der Orte: wundersame Quellen, von deren Kraft sich Besucherinnen und Besucher heute wie damals effektive, therapeutische Wirkungen erwarten dürfen.

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